Mein Name ist Michaela Schumacher und ich wohn(t)e in Heimersheim an der Ahr.
Seit der Sturzflut sorge ich für die Instandhaltung zweier Häuser. Das meines 85. jährigen Vaters und Meins.
Mein Mann, mit dem ich das Haus 2006 gebaut und 2007 bezog, verstarb 2016. Unser Sohn war 11, als uns das passierte. Seitdem erziehe ich allein.
Mein Vater, der direkt neben mir wohnt, hat bereits eine beginnende Demenz, konnte jedoch mit Unterstützung seinen Tagesrythmus in seinem Haus leben. Er ist nach einer langen Odyssee in einem Seniorenzentrum in Dierdorf angekommen. In Dierdorf wohnen Freunde unserer Familie die ihn wertschätzen und regelmäßig nach ihm schauen und unterstützen.
Eine Elementarversicherung haben wir nicht.
Unsere Häuser stehen ca. 300 m von der Ahr entfernt.
Donnerstag, 15. Juli 2021. Ich schlafe!
02.09 Uhr
Mein Mieter, der gerade in Bad Neuenahr ist, ruft mich an. Immer und immer wieder. Mein Handy liegt mit Vibrationsalarm auf meinem Bett.
02.15 Uhr
Werde ich durch mein Handy geweckt. Said ruft durch das Telefon, "Michaela, das Wasser kommt, bringt euch in Sicherheit". Der Strom ist weg. Ich wecke meinen Sohn und sage "zieh dich an hier passiert etwas Großes, ich weiß nur noch nicht genau was".
02.17 Uhr
Vor der Haustür sehe ich, wie Wasser über die Straße läuft. Wir schauen von oben mit der Handytaschenlampe in den Keller - alles trocken, kein Wasser.
02.19 Uhr
Im Obergeschoss angekommen, explodieren im Keller mehrere Fenster. Das Wasser verteilt sich rasend schnell.
"Beobachte das steigende Wasser, wenn es auf dem Keller Podest ist, sag bescheid. Wir gehen jetzt wieder runter ins EG und holen unsere Schuhe und jeder eine Jacke."
Mein Sohn schnappt sich einen Kasten Wasser, dann geht es ins Obergeschoss. Wir beobachten wie das Wasser schnell weitersteigt.
02.21 Uhr
"Jetzt holen wir uns Anziehsachen aus den Zimmern und bringen alles ins Dachgeschoss."
Dann wird mir bewusst, das mein Vater im Haus nebenan Hilfe braucht. ... Es ist kein rüberkommen mehr möglich. Um unsere Häuser ist ein reißender Fluss der alles mit sich nimmt.
02.23 Uhr
Ich rufe die Mieter meines Vaters an, dass sie ihn nach oben ins Obergeschoss retten. Keine Verbindung.
Das Wasser ist auf der 3. Stufe der Treppe vom Erdgeschoss ins Obergeschoß stehen geblieben und steigt nicht weiter. Ich weiß nicht was mit meinem Vater ist.
02.25 Uhr
Der Mieter meines Vaters ruft an, "wir haben deinen Vater bei uns oben." Eine erste Anspannung fällt ab. Opa ist in Sicherheit.
Danach...
.. am Fenster nach den Nachbarn rufen - alle da, Telefonate, Textnachrichten in Familien- und Freundes-Gruppen "... wir sind im OG in Sicherheit", Angst was noch kommen könnte, Anruf bei der Feuerwehr ...der Mann sagt. "Brauchen Sie Lebensrettung, ... ich kann Ihnen sagen, der Pegel sinkt bereits..., wenn Sie Lebensrettung brauchen, melden Sie sich wieder..., Tränen, trösten, beruhigen, abwarten, Geräusche, beobachten, hören was in der Dunkelheit passiert, Wasserrauschen die ganze Nacht,
... warten bis das Wasser weggeht
06.00 Uhr
Das Wasser ist auf EG-Niveau gesunken. Eine dünne Schicht Schlick liegt auf dem Boden. Ich fange an, das Wasser mit einem Besen abzuziehen. Durch die Haustür sehen ich das fließende Wasser draußen in der Einfahrt.
09.17 Uhr
Meine Schwägerin erreicht mich und wir können kurz reden. "Wir kommen, sobald das Wasser den Weg zu dir frei gibt. Am späten Nachmittag kommt meine Familie zu mir durch.
Ab Freitag kommen die ersten freiwilligen Helfer an die Ahr, um zu helfen. Danach reißt diese Form der Hilfe nicht mehr ab. Neben der unermüdlichen Hilfe meiner Familie und Freunden, erlebe ich eine Welle der Hilfsbereitschaft von Menschen, die ich vorher nicht kannte, die mich bis heute zutiefst berührt.
In den ersten Tagen haben wir in einer riesigen Mannschaftsleistung gemeinsam rd. 40 to Sondermüll, privat über einen Containerdienst entsorgt.
Heute sind beide Häuser entkernt und soweit wie erforderlich in den Rohbau versetzt. Die Trocknung hat begonnen. Das nächste Ziel ist es, die Heizungen vorm Winter wieder herzustellen.
Einige Helfer halten bis heute den Kontakt zu mir und unterstützen mich weiterhin in unterschiedlicher Form. Mit ihrer Arbeitskraft, Beratend oder mit Geld- und Sachspenden.
Es sind so viele neue, wertvolle Begegnungen und Gespräche entstanden, das kann ich kaum in Worte fassen kann.
Ich bin überwältigt über das Mitgefühl und darüber welche Energie freigesetzt wird, wenn Menschen ein gemeinsames Ziel verfolgen.
Jeder hilft im Rahmen seiner Möglichkeiten. Das ist ein gutes Gefühl. ❤️
Danke an die, die mit Sorge tragen, das uns weiterhin geholfen wird unser Zuhause wieder aufzubauen und mit uns gemeinsam dranbleiben die Umsetzung zu realisieren .
Meine Schwägerin hat mir jetzt den Kontakt zum Projektteam des 5 Euro Haus, in Dattenberg hergestellt.